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Barbie und die Frage nach dem Leid

Welcome To Barbieland

Warum passiert guten Menschen Schlechtes?
„Wenn es einen Gott gibt, wieso kann er’s nicht verhindern?“ will K.I.Z. wissen. Springen wir mal in ein Gedankenexperiment.

Stell dir vor, du stehst morgen früh auf und über Nacht ist ein Wunder passiert: Du bist reich, schön, erfolgreich, gebildet und für immer gesund. Du bist die stereotype Barbie, der stereotype Ken. Heute ist ein weiterer perfekter Tag in Barbieland. Aber was ist das? Barbie ist eigentlich unglücklich und einsam. Ken auch – WEIL JEDEN ABEND GILRS NIGHT IST! Kein anderer Mensch auf der Welt, dem es so gut geht. Alle beneiden dich. Doch niemand versteht dich, denn niemand weiß, wie es ist für immer reich, schön, erfolgreich, gebildet und gesund zu sein. Du hast keine Freunde, nur Bewunderer und deine Familie liebt dein Geld statt deine Persönlichkeit – davon hast du schließlich keine – woher auch?

Du merkst: Ein Leben, in dem dir alles gelingt, ist nicht lebenswert. Du willst lieber aus Fehlern lernen und Herausforderungen erleben, lieber Freunde haben als perfekt zu sein, lieber wenig besitzen und dafür echte Liebe kennen.

"Denkt ihr manchmal ans Sterben?“

Wenn selbst Barbie über den Tod nachdenkt, stellt sich die Frage: Was ist schlimm an Schlechtem? Und was ist das Schlimmste, das einem Menschen passieren kann? Ich denke: Sterben kann’s nicht sein. Lies mal die Schöpfungsberichte in der Bibel – Der Tod hat selbst im Paradies zum Leben dazu gehört. Gott erschafft den Garten Eden und pflanzt dort den Baum der Erkenntnis. Die Strafe für das Essen einer Frucht dieses Baums: sterben. Wer hat’s erfunden? Gott. Gott erschafft das Leben und mit dem Leben auch das Sterben.

Außerdem: Jesus selbst stirbt auch. Schauen wir uns das Sterben Jesu an. In all dem körperlichen Leid, in allem Spott und Hohn, hebt Jesus selbst einen Aspekt seines Leidens hervor. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, steht in Psalm 22,2, nicht: „Mein Gott, mein Gott, warum muss ich so viele Schmerzen erleiden, warum sterbe ich am Kreuz?!“ Nein. Warum hast du mich verlassen? Vielleicht ist das ja das Schlimmste.

 

Jeder Mensch hat denselben Wert in seinen Augen und kein Mensch kann diesen Status verlieren.

Was heißt hier schlecht?

Lass es uns kurz noch ein bisschen komplizierter machen, bevor es am Ende einfacher wird. Um der Frage vom Anfang näher zu kommen, müssten wir definieren: Was ist eigentlich schlecht? Eine Hebamme fragte mich mal, warum so viele Frauen ungewollt Mütter werden, während Paare mit langem Kinderwunsch keine bekommen können. In beiden Fällen entsteht Leidensdruck. Wieso lässt Gott das zu?

Für den ersten Teil gehen wir noch mal an den Anfang der biblischen Geschichten, Genesis, in den Garten Eden. Gott schafft den Menschen nach seinem Ebenbild – er ist Gott ähnlich. Das verleiht ihm Würde, egal, unter welchen Umständen er aufwächst und egal, was dieser Mensch leisten wird. Das ist auch deine Grundausstattung als Mensch. Sowas wie dein Betriebssystem. Und auch wenn der Mensch nach seiner Erschaffung blöderweise in den Apple beißt (sorry for that, den konnte ich nicht liegen lassen), heißt das konkret: Gott ist ein kreativer Schöpfer und gibt uns Anteil an seiner Schöpferkraft. Er geht sogar so weit, dass wir Anteil am Erschaffungsprozess eines neuen Menschen bekommen.

Dass Gott diesen Status nie aufhebt, egal, wie gut oder schlecht wir damit umgehen, sagt etwas über ihn aus: Jeder Mensch hat denselben Wert in seinen Augen und kein Mensch kann diesen Status verlieren. Gott entzieht keinem Menschen seine Würde, selbst wenn man dieser Ebenbildlichkeit in der Art seines Lebens sicher mehr oder weniger gerecht werden kann. Gott ist gnädig, er liebt Menschen, die in Freiheit ihr Leben leben. So hat er es sich gedacht.

Leid ist nicht gleich Strafe

In Johannes 9,1-3 fragen die Jünger Jesus, ob die Eltern des blindgeborenen Mannes am Wegesrand gesündigt hätten oder er selbst sein Augenlicht durch unreine Taten verspielt hätte. Jesus antwortet: „Es hat weder dieser gesündigt noch seine Eltern, sondern es sollen die Werke Gottes offenbar werden an ihm.“ Schlechtes ist in unserem Leben kein Hinweis auf Gottes Enttäuschung oder Zorn über uns.

Unterm Strich: Man kann sich Kinder zur Erfüllung der eigenen Lebensträume nicht verdienen, genauso wenig ein Leben in Gesundheit oder Erfolg. Gleichzeitig handelt es sich nicht um eine Strafe Gottes, die offenbart wie gut oder schlecht ein Mensch ist. Denn das würde ja bedeuten, wir könnten Gott gefallen, indem wir Leistung bringen.

Der Baum und die Sünde

Worauf weist Leid in unserem Leben denn dann hin? Sünde. Vielleicht schrillen bei dir jetzt alle Alarmglocken, weil das doch irgendwie nach Bestrafung klingt. Sünde ist allerdings ein Begriff, der meint vielmehr als du vermutlich denkst. Es geht nicht zuerst um deine Fehler. Wenn die Bibel sagt, dass diese Welt von der Macht der Sünde beherrscht ist, dann heißt das erst einmal, dass diese Welt unperfekt ist und du mit ihr.

Denk dran: Der Baum der Erkenntnis – das Sterben war von Anfang an Teil der Schöpfung! Dafür kannst du als Mensch gar nichts. Hast du den Baum gepflanzt, oder was? Ne. Bevor du da warst, war der Baum schon da. Und das ist ein fantastisches Bild für Sünde. Es ist nicht deine Schuld, dass diese Welt ist wie sie ist, doch du musst es leider trotzdem aushalten. Und genau da beginnt die Botschaft des Evangeliums. Das ist die gute Nachricht und da setzt sie in deinem Leben an. Denn aus dieser Ohnmacht hat Jesus dich gerettet. Er hat den Kopf für dich hingehalten und jeden deiner Leidensmomente gefühlt, sodass er heute mit dir durchs Feuer gehen kann.

 

Gott hat dich nicht dazu erlöst, perfekt zu sein, er hat dich erlöst, um frei zu sein.

 

Die Spannung ertragen

Jesus hing allein am Kreuz und sagte: Mein Gott, mein Gott warum hast du mich verlassen? Jesus hat den schlimmsten Moment, den du dir vorstellen kannst, schon durch – und zwar für dich. Die Gute Nachricht ist deshalb nicht die, dass dir nur noch Gutes passiert. Ich würde sagen: Die Gute Nachricht ist besser als das. Gott hat dich nicht dazu erlöst, perfekt zu sein, er hat dich erlöst, um frei zu sein. Das hat ihn in den Tod getrieben. Er hat an dich und dein Leid gedacht am Kreuz, hat es gefühlt, mit ins Grab genommen und hat es dort gelassen, weil er vom Tod auferstanden ist.

Ich glaube: Schlimmer als ein Leben in Armut oder Krankheit ist ein Leben in Einsamkeit – getrennt von Gott und getrennt von Menschen.

Wenn es einen Gott gibt, wieso kann er’s nicht verhindern? Vielleicht will er’s nicht verhindern, damit wir frei sind und weil ein Leben in Plastik und Perfektion nichts mit Freiheit zu tun hat. Vielleicht hat er das schlimmste Leid – die Perspektive auf ewige Einsamkeit – erkannt und uns für immer davon erlöst. Dass Leid im Leben trotzdem unfassbar schmerzt, fühl ich. Und doch kann ich so diese Spannung ertragen und an einen guten Gott glauben. Weil er unser schlimmstes Leid gesehen und gefühlt hat. Slay.

Jannik Müller

lebt und arbeitet als Jugendpastor in München.

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