Während mein Freund im Baumarkt zielstrebig nach links abbiegt, wo er die Glühbirne oder Silikonspritze findet, schlendere ich ins Pflanzen-Paradies. Zumindest meine ich, dass es das Pflanzenparadies sein müsste. Denn so sieht es aus und so riecht es auch.
Doch nachdem ich mich für eine neue, grüne Mitbewohnerin entschieden und in meine Wohnung gebracht habe, stelle ich ein paar Tage später fest: Die kleinen, runden, hellgrünen Blätter sehen nicht mehr sonderlich frisch aus. Sie fangen an, sich zusammenzurollen. Ich versuche sie zu retten: größerer Topf, neue Erde. Wasser hatte sie genug und der Standort müsste auch passen … Doch es hilft nichts. Noch ein paar Tage später ist sie tot. Es war, als hätte ich ihr beim Sterben zugesehen, seit sie nicht mehr im Baumarkt wohnte.
Verärgert und enttäuscht beginne ich zu recherchieren, was ich falsch gemacht haben könnte. Schnell finde ich heraus: Viele Pflanzen, die im Baumarkt oder Garten-Center verkauft werden, sind im Gewächshaus mit Pestiziden und Düngemitteln hochgezüchtet worden, damit sie möglichst attraktiv aussehen. Bei mir zu Hause fehlen diese perfekten Lebensbedingungen.
Regional und bio
Eine Binsenweisheit, über die ich neu nachdenke: Pflanzen sind keine reinen Dekoelemente, die ich mir wie ein Möbelstück in die Ecke stelle. Zimmerpflanzen sind Lebewesen, die sich natürlicherweise im Freien aufhalten. Dort sind sie abhängig vom Wetter, der Klimazone, dem Boden und allen anderen Umweltbedingungen.
Wenn ich Obst und Gemüse kaufe, versuche ich darauf zu achten, wo es herkommt und ob es saisonal oder ökologisch angebaut wurde. Sollte mir das bei meinen Zimmerpflanzen genauso wichtig sein? Die meisten Zimmerpflanzen kommen aus Ländern des globalen Südens und hätten im Freien in Europa kaum Überlebenschancen. Regional sind sie also schon mal nicht. Woher genau eine einzelne Pflanze herkommt, ist sogar ziemlich schwierig herauszufinden: Im Pflanzenpass finde ich zwar leicht Informationen über das Unternehmen, das die Pflanze nach Europa gebracht hat, und auch den Ort, wo sie zuletzt gewachsen ist. Doch wo sie zuerst angebaut wurde, und wie sie nach Europa gekommen ist, steht dort nicht.
Besonders bei exotischen Pflanzen wird in den tropischen Herkunftsländern leider auch Raubbau betrieben. Außerdem werden oft synthetischen Pestizide und Düngemittel eingesetzt, die zum einen schlecht für Boden und Tiere sind. Zum anderen sind sie auch gesundheitsschädlich für die Menschen, die die Pflanzen anbauen.
Deshalb ist es deutlich besser, nur Pflanzen von einem Bio-Label zu kaufen wie Bioland oder Naturland. Anders als bei Obst und Gemüse sind solche Labels bei Zimmerpflanzen bisher leider rar gesät: nur 1,7 Prozent der Zierpflanzen im Handel werden ökologisch angebaut. Da lohnt sich die Suche nach einer Bio-Gärtnerei in der eigenen Umgebung.
Aus der Tonne
Auf spontane Pflanzenkäufe im Supermarkt oder Gartencenter verzichte ich ab sofort. Es fällt mir nicht leicht, doch meine erfolglose Suche nach Bio- oder Fairtrade-Siegeln bestätigt mich in dieser Entscheidung. Auf meine grünen Mitbewohnerinnen verzichten, möchte ich trotzdem nicht.
Umso mehr freue ich mich als eine meiner Freundinnen Pflanzen verschenkt, die sie aus einer Mülltonne gerettet hat. Eine der Pflanzen zieht bei mir ein und erholt sich gut, nachdem ich ihr einen größeren Topf und frische Erde zur Verfügung gestellt habe. Bei einer anderen Freundin bestaune ich zwei Töpfe voller Aloe Vera. Spontan schenkt sie mir einen davon, da ihre Mutterpflanze schon so viele Ableger bekommen hat. Meine neue Aloe wächst munter weiter und schon bald kann auch ich mehrere Pflanzen-Babys umtopfen.
Meine Kinderstube
Nebenbei mache ich mich auf die Suche nach einer Bio-Gärtnerei und werde fündig. Leider nicht bei mir um die Ecke, aber mit Online-Shop. Meine vier neuen Sukkulenten kommen gesund bei mir an und wachsen seither prächtig. Bis auf eine, die ich falsch gegossen habe, sodass sie zu schimmeln beginnt. Ich recherchiere erneut, wie ich diesr Pflanze helfen könnte. Überleben wird sie nicht, allerdings soll es ganz einfach sein, aus ihren Blättern Blattstecklinge zu machen und neue Pflanzen zu ziehen. Das probiere ich aus! Tatsächlich: Inzwischen wachsen auf meinem Fensterbrett statt einer Echeveria fünf winzig kleine neue Echeverien.
Eine nachhaltige und günstige Alternative zum Kaufen neuer Pflanzen ist das Tauschen. Nicht nur Echeverien, auch viele andere Zimmerpflanzen, wie zum Beispiel Sukkulenten, Aloen oder Monstera lassen sich recht einfach über Ableger vermehren. Diese Ableger können bei lokalen Tauschevents oder im Internet angeboten werden. Wer (noch) keine Ableger zum Tauschen hat, kann auch über eBay-Kleinanzeigen suchen.
Trotz all dieser neuen Erkenntnisse steht in meinem Wohnzimmer auch noch eine Monstera aus dem Baumarkt. Sie sieht nicht gesund aus. Im vergangenen Sommer mussten sie und ich gegen Trauermücken kämpfen. Das hat geklappt. Leider hat sich die Monstera bis heute nicht ganz erholt. Aber vielleicht muntert meine wachsende Sammlung aus Echeverien, Aloenablegern und Bogenhanf-Babys sie ja noch auf.