„Bitte lass die Technik funktionieren und mach, dass alles gut läuft. Bitte segne alle Vorbereitungen“ – gemeinsam schließen wir die gemeinsame Gebetsrunde in der etwas zu kleinen und nicht geheizten, praktikabel eingerichteten Kammer mit einem fast flüsternden „Amen“. Ob in kleinen Besprechungszimmern mit Materiallager-Charme, Büros pastoraler Angestellter oder kapellenartigen Räumen in Gemeindehäusern – die Gebete in ihnen sind meistens ähnlich.
Sie handeln davon, dass wir Gott bitten, alles, was wir vorbereitet haben, zu segnen und dass bitte kein doofes Zeug passieren soll. Sowas wie Versingen, Technik-Ausfälle oder Abläufe, die nicht eingehalten werden. Es soll bitte alles nach Plan laufen, halt so, wie wir es uns gedacht haben. Dafür machen wir doch auch Minutenpläne für den Gottesdienst. Manche bekomme ich diese kurz vorher auf einem Schnipsel Löschpapier zugeschoben und andere schon Wochen vorher mit genauem Zeitstempel, Zuständigkeiten und Liedern, die perfekt auf das Predigtthema abgestimmt sind.
Mein Plan oder deiner?
Es klingt eventuell so, als würde ich mich über Pläne lustig machen. Das sei ferne – ich mag Pläne. So richtig gute und ausbaldowerte Pläne, die Sicherheit geben und alle nötigen Informationen beinhalten. Ich bin ein Fan von Plänen und strukturellen Gedanken. Wovon ich kein Fan bin, sind Gebete, in denen wir Gott vorschreiben, was er tun soll.
Am besten schreiben wir ihm noch auf, wann genau er uns berühren soll und wann bitte nicht, weil dann echt unkontrollierte Geschehnisse passieren könnten. Ich mag es deshalb auch nicht, wenn wir Gott vor Gottesdiensten und Events bitten, dass wir nicht falsch singen und die Technik die Folien gut weiterklickt oder die Deko nicht stört.
Was wollen wir haben? – Begegnungen mit dem Schöpfer des Universums, dem Erfinder von Koalas und Versöhnung oder reibungslose Abläufe? Ist uns wichtiger, dass der Gottesdienst kürzer als zu lang geht, damit wir nach verkrampften Gesprächen, die manchmal auch ganz nett sein können, schnell wieder nach Hause kommen und froh sind, dass alles gut geklappt hat?
Was erwartest du vom Gottesdienst?
Ich frage mich, wann genau wir damit angefangen haben Gottesdienste durchzuplanen und nichts mehr dem Zufall oder noch besser unserem Erfinder zu überlassen. Ich merke bei mir selbst eine Art Kontrollwillen bei allen Predigten, die ich aktuell so halte. Trotzdem habe ich die tiefe Sehnsucht, dass Gott aktiv ist, dass er etwas zu sagen hat. Zur Not auch an mir vorbei, unter mir hindurch.
Ich reise vermehrt durch Deutschland und predige in Gottesdiensten verschiedener Art und Denomination. Seitdem spüre ich einen zunehmenden Frust darüber, dass viele Menschen in Gottesdiensten nicht viel erwarten. Sie wollen kommen, zuhören, nicht viel beteiligt sein, singen und wieder gehen. Nicht überall und immer, aber doch so oft und mein Frust entwickelt sich manchmal in Wut. Eine Wut, in der ich trotzdem versuche, mein Gegenüber zu verstehen, auch wenn es mir schwerfällt.
Was macht einen guten Gottesdienst aus?
Wann haben wir aufgehört den Faktor ‚Gottes Handeln‘ mit in den Gottesdienst einzuplanen? Das kann ja unterschiedlich aussehen, aber es sollte doch auf jeden Fall einen Raum haben. Wer, wenn nicht wir, die wir glauben Gott zu kennen, sollten doch erst recht eine Sehnsucht auf eine Gottesbegegnung entwickeln. Selbst, wenn es wie in meinem Fall, selten eine laute Stimme, sondern oft ein kaum hörbares Flüstern ist.
Was hast du von deinem letzten Besuch in einem Gottesdienst erwartet? Inspiration für dein Leben? Witzige Momente? Ablenkung vom Alltag? Nette Gespräche im Kirchenkaffee? Bands, die nicht schief singen? Predigten, die dich überraschen? Das wären okay-e Gründe. Wenn man ausblendet, dass es immer noch ein Gottesdienst ist. Oder erwartest du eine Begegnung mit Gott – mit dem, der sich auf Begegnungen freut, der dafür voll bereit ist. Das ist doch einer der Hauptgründe, warum wir Gottesdienste feiern.
lass mal frech sein
Ich möchte heute für eine erwartungsvolle Haltung plädieren. Eine kindliche Neugierde auf das, was Gott vorbereitet hat. Nicht nur in Gottesdiensten, sondern im Leben an sich. Wir sind doch nicht fürs Überleben gemacht, vielmehr fürs Erleben einer lebendigen Beziehung mit jemanden, der sich auf unser Konstrukt Gottesdienst einlässt.
Dass ein Gottesdienst „gut läuft“, zeigt sich nicht an einem reibungslosen Ablauf, in dem alles klappt, sich jeder an die vorgegebenen Zeiten hält und die Menschen am Mikrofon keinen Fehler machen. Ein „guter Gottesdienst“ ist doch vielmehr die Realisation, dass es ihn wirklich gibt, diesen Gott, der absolut verrückt nach mir ist und ich ganz frech viel von ihm erwarten darf.