Home

Artikel

DRAN

Alabstar Jar bietet Frauen in Zwangsprostitution Hilfe beim Ausstieg

"Es findet auch heute noch moderne Sklaverei statt"

Alabstar Jar bringt Licht auf Berlins Straßenstriche
Anita Richert leitet die Outreaches bei Alabastar Jar, wo sie und ihr Team Frauen in Zwangsprostitution auf Augenhöhe begegnen, ihre Lebensgeschichten hören und Unterstützung anbieten – im besten, aber nicht in jedem Fall beim Ausstieg.

Durch ein Bibelschul-Praktikum lernt Anita die Organisation kennen, die Licht auf dem Straßenstrich in Berlin verbreitet. Heute leitet die 28-Jährige die Outreaches und arbeitet parallel als Krankenschwester. Mitgefühl und Herzlichkeit im Umgang mit den Frauen, aber auch die heftigen Lebensgeschichten nicht zu nah an sich ranzulassen, hat sie in ihrem Beruf gelernt. Doch ihr ist wichtig: „Die Frauen sind keine Patientinnen.“ Es geht bei Alabstar Jar um Beziehung, Vertrauen und Unterstützung.

Anita Richert leitet die Outreaches bei Alabastar Jar auf den größten Straßenstrich Berlins
Foto: Alabastar Jar

Kaffee, Tee und Kondome

Jeden Mittwoch ziehen zwei Teams über die Kurfürstenstraße – Berlins ältesten Straßenstrich. Sie sprechen mit den Frauen, beten für sie, verteilen Kaffee oder Tee, Kondome und Info-Material wie Kontaktdaten von Ärzten, die Ersthilfe ohne Krankenversicherung anbieten oder Sozialarbeitern, die beim Ausstieg helfen. „Einige der Frauen sind schon seit Jahren da und warten auf uns.“, erzählt Anita.

Einen Nachmittag in der Woche mietet die Organisation einen Raum im Rotlichtviertel, bietet Frauen einen Ort der Ruhe, eine selbstgekochte Mahlzeit, Hygieneartikel und Kleidung. Im Vordergrund steht die Chance in einem geschützten Rahmen herauszufinden, wie individuelle Hilfe aussehen kann. Dabei spielt der Glaube eine große Rolle – „den wir nie verstecken, aber auch nicht aufdrängen.“, betont Anita.

"Ich habe in vier Jahren ein oder zwei Frauen getroffen, die es gerne und freiwillig machen."

Einmal im Monat gehen Volontäre direkt in die Bordelle. Davon hat Berlin um die 600 Stück, doch weil es dort schwieriger ist, mit den Frauen Beziehung aufzubauen, gehen sie immer wieder in die gleichen ausgewählten Häuser. Auf die Frage hin, wie viele Frauen tatsächlich am Ausstieg interessiert sind, sagt sie: „Wenn man sie auf der Straße fragt, wünschen sie sich alle Veränderung. Ich habe in vier Jahren ein oder zwei Frauen getroffen, die es gerne und freiwillig machen. Und auch da kamen mir Zweifel, nachdem ich ihre Geschichte gehört habe. Die Frauen, mit denen wir arbeiten, sind in Zwangslagen und kennen häufig kein anderes Leben. Wir wollen sie daran erinnern: Es gibt andere Optionen für dich und du bist wertvoll.“

Das Nordische Modell

Der Ausstieg ist ein langwieriger Prozess. Dabei vermittelt Alabastar Jar die richtigen Ansprechpartner, unterstützt bei der Sprachbarriere und begleitet im besten Fall bis in die wirtschaftliche Unabhängigkeit. Auch Aufklärungsarbeit ist essenziell, um Chancen und Verständnis für Frauen aus der Zwangsprostitution zu fördern. Konkret wünscht sich Alabastar Jar das Nordische Modell in Deutschland, bei dem nicht die bestraft werden, die sexuelle Dienstleistungen anbieten, sondern die, die sie kaufen. „Es findet auch heute noch moderne Sklaverei statt. Wir Christen schauen häufig in andere Länder, dabei ist große Not direkt vor unserer Haustür.“, plädiert Anita.

„Es gibt keine verschwendete Liebe.“

Wie sehr die Frauen Kontinuität, Wärme und Gebet ermutigen, berührt sie immer wieder. Und auch, wenn sie wenige Ausstiegsgeschichten kennt, ist sie sich sicher: „Es gibt keine verschwendete Liebe.“

Alabstar Jar ist eine Initiative von Samaritan's Purse. Hier findest du mehr über die Einsätze und Vision von Alabastar Jar.

Ann-Sophie Bartolomäus

ist Redakteurin bei DRAN.

DRAN Newsletter

Verpasse keine Neuigkeiten mehr!