Alex O'Bros Hamburg Real Life

Keine Angst vor dem Sterben

Alex von den O'Bros über Verlust & Karriere

Vor einem Jahr beginnt die Geschichte, die Alex von den O‘Bros eine „unfassbar krasse Linie Gottes“ nennt. Das YouTube-Duo The Real Life Guys kommentiert ein Musikvideo der O‘Bros. Alex ist neugierig und schreibt sie an. Philipp Mickenbecker antwortet. Schnell verlegen sie die Konversation zu WhatsApp. Per Sprachmemo erzählt Philipp: „Der Krebs ist wieder da.“ Schon damals ist Alex von Philipps Leichtigkeit beeindruckt. Irgendwann fragt er: „Wenn du sterben solltest, dürfen wir dann einen Song über dich schreiben?“

Kurz vor dem Tod: Grünes Licht

Ein Jahr später lebt Philipp nicht mehr. Alex und ich treffen uns am Spreeufer in Berlin. Seine Augen sind müde, der Himmel ist grau. Ein Touristenschiff fährt vorbei. Letzte Nacht war er mit den Jungs aus seiner WG unterwegs. Das hatten sie sich schon lange vorgenommen, doch die Zeit war immer zu knapp. Denn in den letzten Wochen hat Alex nur aus dem Koffer gelebt. Vor zwei Monaten veröffentlichte er mit seinem Bruder den Song „Real Life“ – kurz nach dem Tod von Philipp. Der Track ging durch die Decke: 1,5 Millionen Aufrufe auf Spotify, 1,7 Millionen Klicks bei YouTube, Platz eins der deutschen iTunes Charts. „Kennst du noch diese Bravo-Hits CD?“, fragt Alex. „Da kommt der Song auch drauf!“

Und Philipp kann die erste Version des Songs "Real Life" sogar noch hören. Zwei Tage vor seinem Tod besucht Alex ihn im Krankenhaus. Die O’Bros waren gerade im Studio gewesen und hatten den Impuls, dass es jetzt Zeit war, den Song zu schreiben. Damals wussten sie noch nicht, ob sie ihn wirklich veröffentlichen würden. Als Alex das Krankenhauszimmer betritt, liegt in der Luft, dass es das letzte Treffen mit Philipp sein könnte. Alex stellt sich an sein Bett und spielt den Song von seinem Handy ab: „Aber wer hält mich, wenn alles zerbricht, wenn alle Träume sterben und mein Körper mich zerfrisst? Wenn am Ende alles anders kommt als gedacht, dann geb’ ich trotzdem nie auf. Du bringst mich durch die Nacht. Danke, Vater.”

Philipps Reaktion

Als das Lied zu Ende ist, lächelt Philipp. Er ist schwach und sagt: „Ja, damit kann ich mich auf jeden Fall gut identifizieren.“ Erleichterung. Ab dem Moment ist für Alex klar: Er und sein Bruder werden den Song fertigstellen und herausbringen. „Das war das, was ich wissen wollte. Ich habe persönlich grünes Licht von Philipp bekommen. Ich brauchte für mich eine Bestätigung. Ich wollte keinen Song auf dem Rücken des Todes meines Freundes schreiben, der dann im schlimmsten Fall noch erfolgreich wird.”

Hoffnungsvoll

Gut, dass Philipp noch vor seinem Tod voll hinter dem Song stand, denn erfolgreich ist „Real Life“ geworden; genau wie er es sich für Alex und Maxi gewünscht hätte. „Philipp hat mehr an uns geglaubt als wir selbst.“, erzählt Alex. Er sagte immer: „Das was ihr macht, muss in die Charts, muss mehr gehört werden.‘” Jedes Mal, wenn sie sich gesehen haben, hat er gebetet, dass die Songs ins Radio kommen. „Was der für einen Glauben hatte.“, sagt Alex bewundernd. „Philipp ging es um Reichweite. Wie schaffe ich es, mit der Message nicht nur ein oder zwei Leute zu erreichen, sondern mindestens ein oder zwei Millionen? Er hat ganz anders gedacht als viele Christen, die ich kenne.“

Oft hätten wir eine falsche Demut, meint Alex. Man dürfe nicht träumen, einen Song zu schreiben, der in die Charts kommt. Aber Philipp hat Alex und seinen Bruder zu mehr inspiriert: „Wir wollen nicht nur Christen in ihrem Glauben entertainen. Wir fragen uns: Wie können wir Menschen erreichen, die echt keine Hoffnung haben, die mit Tod, mit Krankheit, mit Drogen, mit Zerbruch und Leid zu kämpfen haben? Philipp hat das authentisch vorgelebt. Er hat gesagt: ‚Ich stecke im Leid drin, aber ihr könnt mir ansehen: Ich habe noch Hoffnung.‘”

„Eine komplette Predigt“

Jetzt erfüllt ausgerechnet der Song "Real Life", den die O’Bros über Philipps Situation geschrieben haben, seinen Wunsch nach Reichweite. Alex nennt den Song eine „komplette Predigt”. Jeden Tag erreichen ihn und seinen Bruder bewegende Zeugnisse von Menschen, die den Song "Real Life" gehört haben und von ihm tief berührt wurden. Manche lassen sich taufen. Das zeigt die „unfassbar krasse Linie Gottes” in der Geschichte. Doch es ist auch absurd: Während Alex um seinen Freund trauert, feiert er kurz nach seinem Tod den größten Erfolg seines Lebens. „Ich habe mich manchmal selbst gefragt, müsste ich nicht eigentlich trauriger sein?“

Andererseits würde Philipp das nicht wollen, da ist er sich sicher. Philipp hätte ihm krass vor Augen geführt, „du kannst durch jedes Leid durchgehen und dabei einen Frieden haben, der nicht von dieser Welt ist.“ Ab und zu gäbe es trotzdem Momente der Trauer. „Es ist ein krasser Gedanke für mich, diesen Menschen nie wiederzusehen. Ich vermisse ihn. Ich hätte Bock, ihn wieder zu treffen, mit ihm Sprachnachrichten zu schicken und mit ihm zu reden.“

Neben Alex liegt eine Taschenbuch-Bibel. Sie ist eine Inspiration von Philipp, der immer eine kleine Bibel in der Hosentasche hatte: „Er hat die Bibel aufgeschlagen und Bibelverse vorgelesen, die oft mit einer unfassbaren Präzision darauf gepasst haben, was wir gerade erlebten.“ In der Bibel steckt ein Selfie mit Philipp. Alex schaut es sich für eine kurze Zeit an: „Dass ich ihn hier einfach nicht mehr sehen kann, hat schon eine Grausamkeit.“

Wenn die Worte fehlen

Dann verändert sich etwas in Alex. Er erinnert sich an sein vorletztes Treffen mit Philipp. An dem Abend hatten sie noch miteinander visioniert und Witze gemacht. Am nächsten Tag hat Philipp bis 14 Uhr geschlafen, da er vor lauter Schmerzen die ganze Nacht wach gelegen hatte. Alex wollte sich verabschieden, als er die Tür öffnet und bei Philipp im Zimmer steht, stockt er: „Philipp war so schwach und fertig. Ich wusste, dass er immer alles gab, um eine positive Ausstrahlung zu haben, aber in diesem Moment konnte er es einfach nicht.“ Es war die erste Begegnung mit Philipp, in der das Leid überwog.

„Ich wusste gar nicht, worüber ich reden sollte. Ich konnte mich Philipp nicht nähern. Ich bin sehr geruchssensibel. Ich kam rein und musste mich fast übergeben. In dem Moment wurde mir klar, dass es wirklich nicht gut aussieht. Ich war überfordert und konnte nicht anders, als Ekel vor der Krankheit zu empfinden. Mein Herz hat wehgetan, weil ich Mitleid mit ihm hatte. Das war einfach seine Realität und jede Nacht so. Ich habe das nur fünf Minuten gesehen und war durch. Und trotzdem kenne ich keinen Menschen, der so eine Freude und so viel Frieden ausgestrahlt hat – selbst in all dem.“

Seine Stimme zittert, dann bricht sie ab. Stille. Alex schaut in Richtung Museumsinsel. Diesen Ort verbindet er mit Philipp. Hier waren sie bei seinem letzten Besuch in Berlin. Alex’ Augen werden rot. Er versucht, nicht zu weinen. Seine Finger spielen an seiner Wasserflasche. „Ich würde das Gefühl gerne in Worte fassen können. Es ist nicht nur Trauer. Vielleicht kenne ich das Gefühl nicht genug, um es beschreiben zu können.“

Ein übernatürlicher Frieden

Philipps Tod ist der erste, den Alex hautnah miterlebt hat. Er war in dem Moment dabei, als Philipp gestorben ist. Philipps Freundeskreis hatte sich versammelt: „Jeder wusste, dass er bald sterben würde. Er hatte zu viel Blut verloren. Wir standen um sein Bett herum, haben geweint, gebetet und gesungen. In dem Moment, in dem Philipp gestorben ist und ich ihm in die Augen geschaut habe, war da einfach keine Angst. Es war unfassbar, was in diesem Raum für ein absoluter Frieden war.

Seit Philipps Tod habe ich keine Angst mehr vor dem Sterben. Das fühlt sich unsensibel an, das so zu sagen, aber Philipps Tod war in seiner Gesamtheit schön und das ist irgendwie komisch. Das checke ich nicht. Gott hat das so unfassbar geführt und es war jedem, der sich im Raum befand klar, dass Gott das alles gerade in der Hand hat.“ Der Gedanke hat es in den Song "Real Life" geschafft: „Egal, was auf mich zukommt, weder hoch, weder tief, nein, ich hab’ keine Angst. Kann mir sicher sein, dass du kommst. Und egal was passiert, ich bin in deiner Hand.“

Auf seinem Nachhauseweg schaut Alex bei seinem Freund Manuel vorbei. Er lebt bei ihm in der Nähe auf einer Bank. Alex begrüßt ihn mit der Faust. Dann geht er zur Bäckerei und holt einen großen Kaffee mit Kakao und einen Espresso – so wie Manuel es gern hat. Eigentlich sollte Alex schon im Zug für sein nächstes Projekt sitzen, aber Manuel hat jetzt Priorität. Denn Zeit ist ein kostbares Gut; umso mehr, weil das Leben auf der Erde begrenzt ist.

Tabea Zorn

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Alexandra Baier

„Mein Leben auf den Kopf gestellt!“

Lieber Philipp, ich erinnere mich noch an das allererste Mal, als wir uns gesehen haben – eigentlich auf den ersten Blick ziemlich unscheinbar. Ich wusste nicht mal, dass ihr YouTube macht, das habt ihr erst einige Treffen später beiläufig erwähnt. Ich bin nach dem ersten Abend einfach deiner Einladung gefolgt, mal bei einer eurer verrückten Aktionen dabei zu sein. Das hat mein Leben komplett auf den Kopf gestellt! Ich konnte es von da an kaum erwarten, Feierabend oder Wochenende zu haben und zu euch zu fahren. Du hattest diese besondere Art an dir, jeden willkommen zu heißen. Ihr habt mich so schnell in eure Freundesgruppe mit aufgenommen, und ich hatte damit einen Ort gefunden, an dem ich einfach sein konnte, wie ich war. Ich habe es geliebt, mit euch so viel Zeit draußen zu verbringen, und fand es spannend, neue Sachen zu lernen. Und wenn mir langweilig war, wusste ich, dass ich jederzeit dazukommen kann, egal, wo ihr gerade wart oder was ihr gemacht habt. Wir haben unzählige Abenteuer zusammen erlebt, angefangen mit ständigem Baden in Seen, egal, zu welcher Tages- oder Jahreszeit, gefolgt von Klippenspringen, Fahrradtouren, Erdbeerenpflücken, Lagerfeuern, Schlammschlachten, Spieleabenden, Kanufahren und natürlich dem Bauen der verrücktesten Gefährte, des Tiny House und meines absoluten Herzensprojekts: unser geliebtes Baumhaus. Unzählige Nächte haben wir dort verbracht, dem Knarzen der Bäume gelauscht, den Sternenhimmel beobachtet und tiefgründige Gespräche geführt. Wie im Film Es kommt mir vor wie ein Film, wenn ich an diese unbeschwerten Zeiten denke. Wir haben ständig neue, magische, aber auch unglaublich witzige Erinnerungen geschaffen. Du hast mir beigebracht, nicht so viel nachzudenken, sondern einfach mal zu machen. „Ich kann das nicht“ wurde schlichtweg nicht als Ausrede akzeptiert, und ihr habt mir mit viel Geduld beigebracht, wie ich euch bei euren Projekten handwerklich unterstützen konnte: Bretter zusammenschrauben, Bagger fahren, Holz hacken und Aufnahmen machen. Ich denke auch unglaublich gerne an all die Sommernächte zurück, in denen wir unter freiem Himmel geschlafen haben, um nachts den Mond zu beobachten und frühmorgens den Sonnenaufgang zu sehen. Es hat nicht lange gedauert, bis ich meine Hemmungen abgelegt hatte und ohne groß nachzudenken mit euch Jungs bei jeder Gelegenheit ins eiskalte Wasser gesprungen bin, auch wenn mir danach die Zähne geklappert haben. Wir haben uns durch solche Aktionen unfassbar lebendig und frei gefühlt. Ihr habt euch für die verrücktesten Ideen begeistern können – und das ist ansteckend! Wer baut schon eine Achterbahn im Hornbach oder ein Tiny House in 48 Stunden? Wir. Zusammen mit dem Freundeskreis, den wir aufgebaut haben. Grenzen durchbrochen Du hattest ein Talent dafür, Menschen zusammenzubringen. Und auch dafür, spontan Reisen zu buchen und mich trotz Unistress zum Mitkommen zu überreden. Wie oft hast du zu mir gesagt, dass ich die Prüfung wiederholen könnte, die Reise mit euch aber nicht. Wie oft haben meine Kommilitonen und Kommilitoninnen gesagt: „Alex, du spinnst!“, weil ich kurz vor den Prüfungen doch noch spontan mit euch mitgekommen bin? Ich bin unfassbar froh, dass ich keine dieser Reisen verpasst habe, und dankbar für jeden Tag, den wir gemeinsam verbringen durften. Mein überorganisiertes Ich kam allerdings manchmal nicht ganz so gut damit zurecht, wie du diese Reisen geplant hast. Abgesehen davon, den Flug zu buchen, nämlich oft einfach gar nicht. Oder wie oft haben wir erst einen Tag vor Abreise einen alten Bus umgebaut, damit wir darin übernachten können? Aber ich muss ehrlicherweise zugeben: Das hat es auch besonders aufregend gemacht, meine Grenzen durchbrochen und auch ganz schön auf mich abgefärbt. Wir sind meistens einfach losgefahren und haben geschaut, wie weit wir kommen. Die Reise war unser Ziel. Ein anderes Mal hast du für uns entschieden, dass wir alle unsere Handys zu Hause lassen. Ich hatte kein Problem damit, ein paar Tage nicht erreichbar zu sein, habe aber innerlich fast eine Krise bekommen, dass nicht mal ein einziges Handy im Flugmodus erlaubt war, obwohl wir mitten in die eiskalte Pampa gefahren sind – was, wenn wir einen Notfall hätten und jemanden erreichen müssten? „Darum kümmern wir uns, wenn es so weit kommen sollte. Vielleicht machst du dir unnötige Sorgen, die du dir im Nachhinein hättest sparen können“, war deine Antwort. Und du hattest so recht. Es war so einfach, mit wenig zurechtzukommen. Daraus habe ich gelernt, dass man oft nicht für alle möglichen Fälle vorbereitet sein muss, sondern auch einfach mal improvisieren darf. Das Problem ist nur so groß, wie man ihm erlaubt zu sein. Wir konnten richtig abschalten und uns auf das konzentrieren, was wirklich wichtig war: unsere gemeinsame Zeit. Das kann ich gerade der jüngeren Generation empfehlen auszuprobieren: eine Reise mal nicht auf Social Media zu teilen, einfach für sich zu sein und die Erinnerungen nur mit den eigenen Augen festzuhalten, anstatt durch eine Kamera zu schauen. Ich bin dankbar, dass darauf nie der Fokus lag. Immer in Action Obwohl wir in vielen Dingen so unterschiedlich waren, glaube ich, dass unsere Freundschaft von der Ehrlichkeit und dem Vertrauen gelebt hat, die wir uns gegenseitig geschenkt haben. Ich erinnere mich gerne an unseren endlosen Gespräche - was bringt einen mehr dazu, zu wachsen und die eigenen Ansichten zu hinterfragen, als mit einem der besten Freunde darüber zu diskutieren und zu philosophieren, der ganz anders darüber denkt? Wenn man sich immer nur die Meinungen von Menschen anhört, die mit der eigenen übereinstimmen, hört man auf, sich weiterzuentwickeln. Als es dir immer schlechter ging, war es schmerzhaft mitanzusehen, dass du bei vielen der Aktivitäten, die uns so sehr miteinander verbunden haben, nicht mehr dabei sein konntest und dein Körper dich gezwungen hat, zuzuschauen. Aber es wurde trotzdem nie langweilig mit dir, selbst im Endstadium hast du noch die ein oder andere verrückte Aktion gestartet und wurdest beispielsweise in der Dominikanischen Republik von Kriminellen erpresst. Wie du das wieder geschafft hast? Danach hast du fröhlich erzählt, dass leider nicht mal die „Ich habe Krebs“-Nummer gezogen hat, um da wieder rauszukommen. Begrenzte Zeit In den letzten Wochen vor deinem Tod hat sich unsere Freundschaft noch mal ganz schön verändert. Ich bin bei euch eingezogen, weil ich mir Sorgen gemacht habe, dass du allein sein könntest, wenn du auf Hilfe angewiesen bist. Ich habe zusammen mit Lilia deine Wunde versorgt, dich bei all den schweren Gesprächen mit dem Palliativteam begleitet, aber vor allem mitangesehen, wie du selbst in deinen schwächsten Momenten nicht deine Lebensfreude verloren hast. Ich werde auch nicht vergessen, dass du, selbst als ich dir mit einer Pinzette die Maden entfernt habe, die sich in deine Wunde gesetzt hatten, noch für Witze zu haben warst und lachend gesagt hast: „Alex, ich glaube so tief hat mir noch nie jemand in mein Innerstes geschaut!“ Wie tapfer kann ein Mensch sein? Und du hattest wirklich bis zur letzten Sekunde ein Lächeln auf deinen Lippen. Ich könnte das nicht glauben, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte. Du wurdest mal gefragt, wie es ist, zu wissen, dass man jeden Tag sterben könnte. Deine Antwort darauf war: „Das Gleiche könnte ich dich auch fragen.“ Und so ist es. Das Leben könnte für jeden jederzeit vorbei sein. Deine Erkrankung hat mir bewusst vor Augen geführt, wie kostbar unsere begrenzte Zeit auf dieser Erde ist und wie wertvoll tiefe Freundschaften sind. Und wie wichtig es ist, den Menschen, die wir lieben, die Wertschätzung entgegenzubringen, die sie verdient haben. Man verliert kostbare Lebenszeit, wenn man Angst hat, sich ärgert oder über Dinge jammert, die man nicht ändern kann. Das rufe ich mir immer wieder in Erinnerung. „Dein Licht leuchtet“ Es ist unbegreiflich, wie vielen Menschen du mit deiner Geschichte und deiner positiven Art Mut und Kraft gegeben hast und eine Inspiration gewesen bist. Wie viele sich von dir gern eine Scheibe abschneiden würden, mich inbegriffen: dein unfassbares Durchhaltevermögen. Nicht aufzugeben, bis zur letzten Sekunde nicht. Die Hoffnung, dass alles noch gut werden könnte, auch wenn alles dagegen spricht. Deine Tapferkeit. Einen Schritt nach dem anderen zu setzen. Du hast mich stark gemacht und wirst mir mein Leben lang ein Vorbild bleiben. Du hinterlässt ein Licht auf dieser Welt, das noch lange nach deinem Tod leuchten wird. Und was du auch hinterlässt, ist unsere Freundesgruppe. Wir sind noch fester zusammengewachsen, du wärst stolz, wenn du das sehen könntest. Und wer weiß, vielleicht schaust du auch von oben auf uns herab. Dann hättest du gesehen, dass du die schönste Beerdigung bekommen hast, die wir uns hätten vorstellen können. Dass wir danach in alter Tradition zusammen in unserem geliebten Erlensee baden waren und in Gedanken an dich gelacht haben. Und vielleicht hast du sogar dabei zugeschaut, wie die kleine Selah das Licht der Welt erblickt hat oder wie Julius und Daniel ihre von dir übertragene Aufgabe als echte Real Life Guys ernst nehmen und mir das Gabelstaplerfahren beigebracht haben. Du warst eine Bereicherung für mein Leben. Deine Alex Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch "Unsere Real Life Stories", erschienen im Adeo Verlag. Weitere Infos unter www.adeo-verlag.de/unsere-rel-life-stories

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O'Bros Underrated - Real Life

O'Bros: Unsere Musik ist jetzt anders als vor "REAL LIFE"

Alex und Maxi haben Philipp Mickenbecker in seinen letzten Stunden begleitet. Wie die Freundschaft und der Erfolg der dadurch inspirierten Single Real Life die O'Bros geprägt hat. Der Tod von Philipp Mickenbecker ist jetzt zwei Jahre her. Denkt ihr noch oft an ihn? Alex: (Überlegt lange.) Ziemlich oft. Wir kommen da gar nicht drumherum, weil seine Story und insbesondere sein Tod in einer ganz besonderen Weise mit unserer Story als O’Bros in Verbindung stehen. Nicht zuletzt wegen des Songs „REAL LIFE“. Jedes Mal, wenn wir ein Konzert haben und den Song performen, denken wir an ihn. Bevor wir ihn spielen, sage ich etwas zu dessen Geschichte. Ich haben dann das Bild von Philipp vor Augen, wie er da im Krankenhausbett liegt. Und natürlich denke ich auch oft an ihn, wenn wir uns mit den Real Life Guys treffen und den Freunden drumherum. Du sprachst gerade schon euren Song „REAL LIFE“ an. Was geht dir da durch den Kopf, wenn du ihn performst? Ich bin immer emotional. Die ersten Male, als ich ihn gesungen habe, hatte ich Tränen in den Augen. Das ist nicht mehr ganz so krass nach zwei Jahren. Aber ich habe immer noch diesen starken Philipp in dieser unfassbar verletzlich-schwachen Situation vor Augen. Welches positive Erbe bleibt von Philipp? Da sind richtig viele Dinge, die sich in meinem Herzen verankert haben. Insbesondere sein Lebensmut, sein unwiderstehlicher Drang, Menschen Hoffnung zu geben in diesem Land – weit über die Grenzen des christlichen Bereichs hinaus. Das hat meinen Bruder und mich sehr geprägt. Unsere Musik ist jetzt anders als vor REAL LIFE. Wir adressieren unsere Message viel mutiger und selbstbewusster in Richtung Nichtchristen. Wir versuchen ganz bewusst, den Menschen die Hoffnung nahezubringen, die wir in der Bibel und Jesus finden. Bis vor zwei, drei Jahren hat unser Fokus viel mehr darauf gelegen, Christen selbst zu ermutigen. Da hat sich jetzt die Vision, die uns persönlich antreibt, sehr erweitert. Auch unser neues Album „Underrated“ ist geprägt von diesem Hintergedanken. Wir denken, der Glaube ist unterbewertet in diesem Land, gerade angesichts der Probleme, die wir derzeit haben. Der Glaube bietet vielleicht keine Lösungen für jedes logistische Problem. Aber er kann eine Lösung für das echte Problem in den Herzen bieten. Das heißt, ihr seid evangelistischer geworden? Das würde ich schon sagen. Vor zwei Jahren, als Philipp noch gelebt hat, haben wir viel darüber geredet, was wir als Christen tun müssten. Zu der Zeit hat Gott zu Maxi und mir gesprochen und gesagt: „Hey, was macht ihr da? Ich bin nicht gekommen, um Christen zu bespaßen.“ Es gibt Menschen auf dieser Welt, die noch nie von Hoffnung, Wert und Würde gehört haben. Jesus hat diesen Menschen gedient, und deswegen wollen wir auch mehr in Richtung dieser Menschen adressieren. Plötzlich stirbt da ein Freund in viel zu jungen Jahren. Was hat das mit eurem Glauben gemacht? Ich frage mich gerade, wieso ich Gott nie einen Vorwurf gemacht habe, dass er Philipp so früh hat gehen lassen. Ich glaube, das liegt daran, dass ich von Anfang an die guten Früchte gesehen habe. Trotz des Schmerzes oder gerade wegen des Schmerzes konnte ich sehen, wie viel Gutes das bringt. Es hat mir persönlich gezeigt, dass der Tod zum Leben dazugehört. Es hat für mich den Wert des Lebens reduziert wie auch ins Unermessliche gesteigert. Da liegt Weisheit in den Sprüchen: „Gedenke, dass du sterben wirst, auf dass du weise wirst.“ Einerseits lernst du das Leben erst richtig schätzen, wirst dir andererseits aber auch bewusst: Am Ende ist das Leben längst nicht alles. Gibt es darüber hinaus noch eine neue Erkenntnis nach dem Tod von Philipp? In dem Moment, als Philipp gestorben ist, dachten viele seiner Freunde: „Jetzt wird alles anders. Jetzt habe ich viel gelernt über Gott, was ich nie wieder vergessen werde.“ Aber viel zu schnell vergisst man es eben doch. Am Ende muss man das, was man daraus gelernt hat, auch leben. Ein Learning für euch war es, euch mehr an Leute zu richten, die den Glauben noch nicht kennen. Macht ihr das auch mit dem neuen Album „Underrated“? Nicht vollumfänglich, aber mehr. Wir haben das Album aus der Position heraus geschrieben: Wir machen es als bekennende Christen, aber nicht nur für bekennende Christen. Es gibt den einen oder anderen Song, den wir bewusst für Menschen geschrieben haben, die über das Album stolpern, weil sie es – so Gott will – in den Charts finden, und darüber den Glauben erklärt bekommen. Was wird musikalisch anders sein? Es ist immer noch eine extrem breite Palette an Genres und Stilen, die wir fahren. Weil wir einfach sehr viele Stile fühlen und feiern. Ich denke, es ist alles in allem ein Stück erwachsener und ernster geworden. Das ist dem geschuldet, dass wir im Vergleich zu Chvrchies 2017 auch erwachsen geworden sind. Ihr seid nun schon ziemlich lang im Musikgeschäft und mittlerweile erwachsen. Wie lange wollt ihr das noch machen? Wir sagen immer: Wir machen das noch so lange weiter, wie Gott uns Türen öffnet. Solange wir das Gefühl haben, das ist der Fall, gehen wir ohne Rücksicht auf Verluste nach vorn. Angriff, Attacke!

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Philipp Mickenbecker am Schreibtisch

Philipp Mickenbecker: "Das wären meine letzten Worte"

Zwei Wochen bis zwei Monate gaben die Ärzte Philipp Mickenbecker bei seiner dritten Krebsdiagnose zu leben. Was er der Welt noch sagen wollte. Philipp Mickenbecker: Normalerweise sprechen wir das nicht so krass aus, aber meine erste Message wäre: Geh raus ins Real Life und mach etwas mit deinen Freunden. Wenn man am Ende zurückguckt, zählt nicht, wie viel Geld man verdient hat, ob man ein teures Auto gefahren ist, wie viele Likes man auf Instagram bekommen hat oder wie weit man in irgendeinem Computerspiel gekommen ist. Es zählen die persönlichen Erfahrungen, die Beziehungen, die man gelebt hat. Hab Mut, das anzupacken und warte nicht, bis es zu spät ist. Ein Leben danach Was ich dir auch mitgeben will, ist Hoffnung. Ich glaube, dass es für jeden leichter ist mit einer schweren Situation umzugehen, wenn man weiß, dass es nach diesem Leben weitergeht. Das ist mein größter Trost, zu wissen, dass ich meine Schwester und alle meine Freunde wiedersehen werde. Ich glaube hundertprozentig daran, dass das Leben hier nicht zu Ende ist, sondern dass es danach wirklich weitergeht. Echter Frieden Wenn man sich mit Gott verbunden fühlt, ist man automatisch im Frieden mit sich selbst und im Frieden mit Gott, weil man weiß, wo man hingeht. Die Freude darüber gibt mir so viel mehr als alles, was ich bisher auf dieser Erde erlebt habe. Das würde ich mir auch für dich wünschen. Ohne Zwang Ich werde oft gefragt, wie man selbst so eine Beziehung zu Jesus bekommen kann. Bei mir war das eine längere Geschichte. Ich war vor einigen Jahren der härteste Religionskritiker und wollte echt gar nichts mit Jesus zu tun haben. Bis zu dem Zeitpunkt als ich ihn aufgefordert habe, wirklich in mein Leben zu kommen. Das hat für mich einfach alles verändert. Für mich ist Gott kein strenger strafender Gott, für den wir zu schlecht sind. Wir müssen nicht erst ein perfektes Leben leben, um zu ihm kommen zu können – er nimmt jeden so an, wie er ist. Das verändert Menschen von innen heraus. Ich war so lange auf der Suche nach Identität und wusste nicht, was ich mit meinem Leben machen will und wer ich bin. Ich habe meinen Wert gar nicht gekannt. Diese Erfüllung, Kraft und Freude, die ich bei ihm gefunden habe, gibt mir selbst in schweren Situationen das Gefühl, dass man einen Sinn im Leben hat. Weil man weiß, dass man bedingungslos geliebt ist – das gilt für jeden einzelnen. Egal, wer du bist, egal, was du bisher gemacht hast. Das ist der große Unterschied, den Gott im Leben machen kann. Dafür müssen wir bereit sein, unser Leben von ihm verändern zu lassen. Bei mir war das kein Zwang von außen, sondern kam aus meinem Inneren. Was Philipp Mickenbeckers Freunde ihm noch sagen würden:

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